Donnerstag, 19. Juni 2008

Die Bademeisterin mit den Füchsen Berlin hinter Gittern

“Passen Sie gut auf die Besucherkarte auf!” warnt der Beamte der Justizvollzugsanstalt Tegel, als wir die Ausweise gegen eine grüne Pappkarte mit Dienstsiegel tauschen. Mauern, die allenfalls Stabhochspringer überwinden könnten, Natodraht, beinahe blickdichte Gitter - die Füchse Berlin absolvierten ein Freundschaftsspiel der besonderen Art: Der Handball-Bundesligist spielte gegen eine Auswahl der JVA Tegel.

Die Füchse gewannen 46:35, doch das Ergebnis war Nebensache. Für die Insassen war das Spiel etwas ganz besonderes: “Das war ein aufregendes Erlebnis”, sagte Wolfgang R., der die Handball-Abteilung in der JVA mit aufgebaut hat. Zweimal in der Woche ist Training, regelmäßig spielt das Team gegen Berliner Vereine. Absoluter Höhepunkt war 1999 ein Freundschaftsspiel gegen die deutsche Nationalmannschaft um Stefan Kretzschmar.

“Sport hat einen hohen Stellenwert”, erklärte der Sportbeamte Heiko Gardt, “Sport dient als Ventil, die Gefangenen müssen sich in die Mannschaft einfügen, Regeln akzeptieren und auf den Schiri hören.” Rund 1600 Gefangene sitzen in Tegel, einem Hochsicherheitsgefängnis, dem größten Deutschlands. Das Sportangebot umfasst Fußball, Handball, Volleyball, Kraftsport und Tischtennis. Letztere nehmen sogar am Ligabetrieb teil, hier allerdings verkehrt sich das Wort “Heimvorteil” ins Gegenteil.

Die Begegnung gegen die Füchse begann mit einem gemeinsamen Aufwärmen. Als Wolfgang R. vor dem Spiel ein Mannschaftsfoto überreichte, war das nicht mehr ganz aktuell: “Zwei sind schon entlassen worden.” Das Spiel selbst war fair und nahezu körperlos. Die Füchse zeigten ein paar elegante Tricks, die Häftlinge spielten mit einer Mischung aus Ehrgeiz und Respekt.

Nach dem Spiel unterhielten sich Füchse und Gefangene, Füchse-Trainer Jörn-Uwe Lommel erklärte Drehwürfe. Jens Vortmann, der Torwart des Bundesligisten, sagte: “Ich hatte ein mulmiges Gefühl beim Anblick des Natodrahtes. Aber es hat Spaß gemacht, ich bin positiv überrascht.” Wolfgang R., der 2010 entlassen wird, will dann draußen weiter Handball spielen. Und noch mal nach Tegel zurückkehren, als Spieler der Auswärtsmannschaft? Wolfgang R. zögerte mit der Antwort: “Ich könnte mir vorstellen, hier zu spielen. Aber ich muss mir Zeit lassen.”

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